PRO PRICARE – Preventing Overdiagnosis in Primary Care
Projektbeschreibung
Der Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement ist beteiligt am Forschungsnetzwerk PRO PRICARE
PRO PRICARE ist das Akronym für Preventing Overdiagnosis in Primary Care. Zum Netzwerk PRO PRICARE gehören sieben Lehrstühle der FAU und Institute des Universitätsklinikums Erlangen sowie vier fränkischen Praxisnetze, die rund 200 haus- und fachärztlichen Praxen umfassen, die Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns sowie verschiedenen Betriebskrankenkassen, vertreten durch die GWQ ServicePlus AG. Schwerpunkt sind die Entwicklung und praktische Umsetzung von Maßnahmen zur Verhinderung von Überversorgung. Das Netzwerk und drei dazugehörige Forschungsprojekte werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 2.1 Millionen Euro gefördert.
Was ist Überversorgung?
Überversorgung wird definiert als Behandlung ohne klare medizinische Grundlage oder wenn die Risiken einer Therapie deren Vorteile übertreffen. Die Verwischung der Grenzen zwischen Risikofaktoren, Frühformen einer Krankheit und eigentlicher Erkrankung sowie die Fortschritte in der Medizintechnik, ärztlicher Unternehmergeist und ein zunehmender Gesundheitswahn bergen das Risiko einer „Krankheitsinflation“. Zu Überversorgung zählen nicht notwendige diagnostische und therapeutische Maßnahmen.
Was sind die Aufgaben des Forschungsnetzwerkes?
Zunächst sollen Patienten, die von Überversorgung bedroht sind, sowie medizinische Interventionen die keinen oder nur geringen Nutzen haben, identifiziert und dann Wege entwickelt werden, diese zu reduzieren.
Was sind die Aufgaben des Lehrstuhls für Gesundheitsmanagement im Forschungsnetzwerk?
Der Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement betrachtet im Rahmen des interdisziplinären Forschungsnetzwerkes PRO PRICARE insbesondere ökonomische Fragestellungen und ist an folgenden Teilprojekten beteiligt:
- Adverse Cascade Effects (ACE)
Kaskaden sind „Prozesse, die, einmal in Gang gesetzt, schrittweise bis zu ihrem scheinbar unausweichlichen Ergebnis voranschreiten“. Ein Beispiel stellt die Versorgung von Patienten mit Schilddrüsenknoten dar. Schilddrüsenknoten können Schilddrüsenkrebs enthalten. Am Schilddrüsenkrebs zu sterben ist jedoch eher selten, was am natürlichen Verhalten der meisten dieser Krebsformen liegt. Die Häufigkeit von Schilddrüsenkarzinomen ist in den letzten Jahrzehnten rasant gestiegen, ohne dass deshalb mehr Menschen am Schilddrüsenkarzinom gestorben wären. Dies legt die Vermutung nahe, dass es sich dabei um die Folge einer Überdiagnostik handelt. Hinzu kommt eine daraus resultierende hohe Zahl operierter Schilddrüsen, bei denen sich in der Histologie gutartige Knoten ergeben, die man also im Nachhinein nicht hätte operieren müssen. Die Entdeckung von Schilddrüsenknoten im Ultraschall ist häufig Auslöser von Kaskadeneffekten, die zu langen Nachkontrollzeiträumen und an deren Ende zu invasiven Behandlungen führen können.
- Konsultationskompetenz
In dieser Studie wird die Arzt-Patienten-Kommunikation in den Fokus gestellt. Bessere Kommunikation kann unnötige Medizin verhindern. Da Patienten bereits mit subjektiven Krankheitsideen in die Konsultation gehen, ist es im Rahmen einer patientenzentrierten Versorgung essentiell die Konsultationskompetenz des Arztes zu stärken. Diese wird in der Aus- und Weiterbildung angehender Hausärzte jedoch kaum geschult.